Für wen entwickeln wir unsere Produkte, Leistungen und unsere Kommunikation? Geht es etwas menschlicher, wenn es um die Kommunikation im Geschäftskunden-Umfeld geht? Der Trick sind so genannte Personas. Und ich stellte hier meinen schnellen Faltplan-Ansatz für die Entwicklung von Themen in der B2B-Kommunikation vor.
Doris Schuppe • Dieser Beitrag Kleiner Persona Faltplan erschien zuerst im Blog DoSchu.Com.
Inhalt Persona & Persona Faltplan
- Warum die Perspektive der Kundschaft?
- Okay, aber Steve Jobs …?!
- Was sind Personas?
- Alan Cooper
- Welche Tools helfen bei Erstellen von Personas?
- Skelett
- Anreicherung
- Wie funktioniert der kleine Persona Faltplan?
- Knick für das Wesentliche
Warum die Perspektive der Kundschaft?
Nehmen wir einen Coworking Space: Die Geschichte der Leistung an sich ist rasch erzählt. Wenn wir dagegen für verschiedene Nutzungsgruppen erzählen, wie unsere Unterstützung ihre beruflichen Anforderungen erleichtern, haben wir zweierlei gewonnen:
- Wir machen nachvollziehbar, was Coworking bewirkt.
- Wir zeigen, wie wir anderen Menschen helfen, ihre Ziele zu verwirklichen.
- Wir können mehr und unterschiedliche Stories erzählen.
Oder schauen wir auf Produkte wie eine App in eurem Smartphone. Wie viele App-Funkitonen stehen euch so insgesamt zur Verfügung? Jede Menge und viel zu viele. Ihr nutzt davon nur ein Bruchteil, weil die vielen gebotenen Möglichkeiten zur Nutzung einfach nicht zu eurem Alltag passen.
Greifen wir jetzt eine eurer Lieblings-Apps heraus. Werden hier alle gebotenen Funktionen von euch genutzt? Nun, wer eine App entwickelt und am Leben hält, muss aus Kostengründen mit den Funktionen haushalten. Jede der implementierten Funktionen kostet schließlich Zeit in der Entwicklung, wenn wieder neue Vorgaben des Betriebssystems zu erfüllen sind.
Je mehr wir als App-Anbietende also über die Herausforderungen unserer künftigen oder aktiven Kundschaft wissen, umso genauer können wir das Set der Funktionen in unserer App zuschneidern. Funktionen entfernen, die für die wenigsten einen wirklichen Nutzen haben.
Mit dem Wissen können wir die Herausforderungen der Menschen mit einer App, einer Dienstleistung oder einem Produkt besser unterstützen. Denn erst wenn wir verstehen, was jemand erreichen oder umsetzen möchte, können wir die hilfreiche Lösung anbieten und entsprechend kommunizieren – siehe hierzu auch mein Blogbeitrag In den Schuhe der Kunden: Jobs to boe done.
Okay, aber Steve Jobs …?!
Ja, der gute Steve wird gerne aus der Tech-Geschichte gezogen als Beweis, wie richtungweisend die Anforderungen einer Person für ein Unternehmen ist. Nur: Nicht jede Person, die auf einem entscheidenden Posten sitzt, hat die genialen Einfälle, die am Puls der späteren Kundschaft sind.
Denn ja, Steve Jobs: Er steht für die Erinnerung daran, dass das Interesse und die Aufmerksamkeit der Menschen nicht auf Unternehmen, ihre Dienstleistungen oder Produkte ausgerichtet ist. Es sind Menschen mit Hoffnungen, Träumen und Zielen, die sie verwirklichen wollen. Sie dabei zu unterstützen, macht Unternehmen erfolgreich.
Was sind Personas?
Manchen ist das Glück vergönnt, mit der Kundschaft intensive Gespräche zu führen, sie gut zu kennen. In den meisten anderen Fällen bemühen wir Studien, Statistiken und demografische Daten, um uns ein (statistisches) Bild von den Menschen zu machen, für die wir Dienstleistungen oder Produkte entwickeln und anbieten. Das bleibt alles viel zu oberflächlich, zu abstrakt. Es verführt zudem, in Stereotypen aufgrund von Alter, Geschlecht, ethnischer Zugehörigkeit oder wirtschaftlichem Status zu verfallen.
Hier hilft das Konzept der Persona. Mit den Erkenntnissen aus Demografie, Recherchen und ganz besonders aus Gesprächen und Beobachtungen konkreter Personen werden stellvertretende Figuren entworfen.
Eine Persona ist eine fiktive Person inklusive Bedürfnisse, Wünsche und Ziele, die exemplarisch für eine Gruppe von Menschen steht, die für das Unternehmen wichtig ist. Personas bekommen einen Namen, ein Foto, eine Charakterisierung und einen kleinen Lebenslauf, damit wir uns gut in diese Person hineinversetzen können.
Je nachdem, mit wie vielen unterschiedlichen Anspruchsgruppen gearbeitet wird, entwickeln wir durchaus mehrere stellvertretende Personas. In konkreten Fragestellungen setzen wir dann ein passendes Set von zwei bis drei Personas ein. Damit wird der Fokus auf deren Anforderungen und Bedürfnisse gelegt, anstatt eine vermeintliche ‚Lösung für alle‘ anzustreben.
Alan Cooper
Ihren Ursprung haben die Personas übrigens im Softwaredesign. Ende der 1990er schrieb Alan Cooper das Buch „The Inmates Are Running the Asylum. Why High-Tech Products Drives us Crazy and How to Restore the Sanity“, um aufzuzeigen, wie wichtig Interaktionsdesign in der technischen Welt ist. In seinem Buch stellte er einige der von ihm verwendeten Werkzeuge vor. Und ein Kapitel behandelte sein Persona-Konzept, um Bedürfnisse der späteren User frühzeitig und besser zu verstehen.
Cooper war das wichtig, weil er immer wieder damit zu tun hatte, dass in eine Software Features eingebaut wurden, weil es einem Entscheider persönlich gefiel. Mit den Personas stellte er ein Konzept vor, mit dem wir fragen können: Stellt dieses Feature für Klara Kundin oder Nico Nutzer wirklich eine Unterstützung dar?
“Personas provide us with a precise way of thinking and communicating about how groups of users behave, how they think, what they want to accomplish, and why.“
Alan Cooper
Seine ersten Personas, mit denen Cooper die Entwicklung einer Business Intelligence-Lösung revolutionierte, hießen übrigens Chuck, Cynthia, und Rob. Mit ihnen verdeutlichte er die unterschiedlichen Interaktionen mit der Software aufgrund ihrer sehr verschiedenen Arbeitsbereiche und Routinen.
Welche Tools helfen bei Erstellen von Personas?
Die Entwicklung von guten Personas ist ein mehrstufiges und aufwändiges Verfahren. Hier fließen viele Informationen wie Kundenerfahrungen, Umfragen, Beobachtungen, Interviews, Customer Journeys und Rechercheergebnisse ein.
Das Internet ist voll von Beispielen und Vorlagen für Personas, oft sehr schön gestaltet. Besonders die richtig schönen Designs kommen leider mit enorm reduzierter Information daher. Für die praktische Arbeit bietet das allein wenig brauchbare Ansätze.
Skelett
Die Vorlagen helfen euch jedoch dabei, die individuell passende Struktur, das so genannte Skelett der Personas, aufzubauen. Vielleicht braucht ihr auch verschiedene Strukturen. Daraus entwickelt ihr dann erste Persona-Entwürfe (eventuell mit unterschiedlicher Struktur), die ihr mit anderen in eurer Organisation diskutiert. Ihr werdet erstaunt sein, wie mit Personas plötzlich Annahmen über Kundschaft oder Nutzer:innen zutage treten. Allein dafür ist das Konzept spannend.
Anreicherung
Die Ausgestaltung eurer Personas könnt ihr mit für sie wichtigen Werten versehen (zum Beispiel mit den Wertekarten, über die ich hier im Blog schreibe). Und ihr könnt langfristig genauer beschreiben und herausarbeiten, was eure Persona bewegt. Was denkt und fühlt sie? Was hört, sieht, sagt und unternimmt sie? Fragen, die ihr mit einer so genannten Empathy Map für vertiefen könnt.
Wie funktioniert der kleine Persona Faltplan?
Tja, leider werden die Fragestellungen für die Entwicklung der Personas als so vielfältig empfunden, dass deren Erstellung auf ’später‘ verschoben wird. Daher habe ich mir überlegt, wie könnte eine schnelle und doch nützliche Persona-Annäherung aussehen für diejenigen unter uns, die ihren Wunschkund:innen nahestehen?
Meine Lösung: Der kleine Persona Faltplan.
In der cowirk.space Community stellte ich meine Idee an einem coPULSE-Freitag vor. Die Rückmeldungen waren durchweg positiv.
Sollte es in eurem Unternehmen bereits tiefgehende Personas geben, dann könnt ihr die mit dem Faltplan zu einer praktischen Erinnerung im Alltag straffen.
Hier nun mein Rezept, um eine Persona kurz & knackig zu beschreiben, um passende B2B-Kommunikationskonzepte zu entwickeln. Ein gewisser Fokus liegt hier auf Coworking Communities, da ich für die von mir mitgegründete German Coworking Federation im Gründungs-Workshop das Thema Kommunikation – Den Space bekannt machen gebe.
Falten des Faltplans
- Nehmt ein A4-Blatt.
- Faltet es auf die Hälfte der Größe, dann wiederum auf die Hälfte.
- Nun habt ihr ein Papier im A6-Format, das ihr wieder auffaltet.
- Euer A4-Blatt hat jetzt 4 gleiche Sektoren.
- Wir beginnen oben links gegen den Uhrzeigersinn und notieren folgende Symbole in die oberste Zeile des jeweiligen Sektors:
- Herz
- Stern
- Smiley
- Blitz
Damit ist unsere Spielwiese vorbereitet.
Fragen zur Entwicklung der Persona
Ein Blatt steht für eine Persona, wenn ihr mehr anlegen möchtet, faltet ihr einfach weitere Blätter. Nun beantworten wir zu unserer gewählten Persona folgende Fragen in den 4 Sektoren:
- (Herz) Wer ist diese Persona?
- Wie benennst du sie?
- Wie alt ist sie?
- Wo und wie lebt sie? (Beziehung, Kids, Haustiere …)
- (Stern) Was macht diese Persona beruflich?
- In welchem Thema ist sie Profi?
- Womit ist sie erfolgreich?
- Welche weitere Expertise hat sie?
- (Smiley) Welche Hobbies hat diese Persona?
- Was macht ihr Spaß?
- Treibt sie Sport?
- Kocht sie für ihr Leben gern?
- Unternimmt sie gerne etwas mit anderen?
- Engagiert sie sich in sozialen Projekten?
- Wie wichtig sind ihr Reisen?
- (Blitz) Welche Ziele und Anforderungen hat diese Persona in ihrem beruflichen Alltag?
- Was möchte sie erreichen?
- Was ist ihr wichtig im Beruf?
- Was frustriert sie? Was ist ihr lästig?
- Was fehlt ihr?
- Was bindet viel Zeit und Aufmerksamkeit?
- Welche Probleme lassen sie kaum abschalten oder rauben gar nachts den Schlaf?
Seid gerade bei den Herausforderungen bei jeder Persona so spezifisch wie möglich. Die Frage, was ihr fehlt, beantwortet ihr dabei nie mit pauschalen Angaben wie „Zeit“. Das ist zu generell und hilft wenig. Besser ist, wenn ihr wisst, Persona Franka Führungskraft fehlt die Zeit, mehr über die Ideen und Bedürfnisse der Menschen in ihrem Team zu erfahren.
Werden eure Antworten zu variantenreich, dann ist es Zeit über weitere Persona nachzudenken, deren Zuschnitte dann exakt zu diesen Herausforderungen passt.
Knick für das Wesentliche
Die Faltung hat außer den 4 gleichen Sektoren noch eine weitere Funktion.
- Faltet euer Blatt so, dass ihr die beiden Sektoren 3 (Smiley) und 4 (Blitz) im Blick habt.
- Das sind eure Impulsgeber für die Kommunikation auf einen Blick:
- Berufliche Themen (Blitz)
- Weiche Themen (Smiley)
Mit diesen Aspekten beschäftigt ihr euch, wenn ihr nach Ansätzen in der Kommunikation sucht. Denn was ihr hier notiert habe, ist für die von der Persona vertretenen Menschen relevant. Themen, mit der ihr deren Aufmerksamkeit gewinnen, mit ihnen ins Gespräch kommen könnt.
Wofür braucht es die Ziele und Anforderungen?
Reden wir im B2B nur über Funktionen? Nein. Wir wissen nicht erst seit gestern, dass eine an der Anwendungspraxis orientierte Perspektive zielführender ist. Der Nutzen für unsere Kundschaft sollte im Fokus unserer Anstrengungen und damit auch unserer Kommunikation stehen.
Da helfen die Notizen im ‚Blitz‘-Quadranten: Wenn wir die Herausforderungen kennen, können wir die Unterstützung ihrer Ziele und Wünsche durch unsere Dienstleistung oder durch unser Produkt so genau wie möglich formulieren und herausstellen.
Moment, was sollen die weichen Themen?
Gegenfrage: Redet ihr im Business-Gespräch nie über Wetter, den letzten Urlaub, aktuelle Sportereignisse? Aha. Ihr seht: Auch in der B2B-Kommunikation nuten wir als Dienstleistende, Organisation oder Unternehmen durchaus weiche Themen. Die können auch in einem Blog oder in der Social Media-Kommunikation ihren Platz bekommen.
Hier hilft uns der ‚Smiley‘-Quadrant. Geteilte Interessen – zum Beispiel für Kunst und Kultur –, Sportaktivitäten wie Laufen und Radfahren, die Unterstützung des lokalen Sportvereins oder eines Hilfsprojekts verbinden. Und bieten gleichzeitig Anlässe zur Kommunikation.
Gemeinnützige Tätigkeiten wie Blutspende, Freiwillige Feuerwehr oder die Unterstützung einer Lebenmitteltafel sind genauso Themen, die in der Kommunikation stattfinden dürfen. Selbstredend nur, wenn sie nicht als Etikett aufgeklebt werden, sonder gelebte Themen sind.
Was soll der ‚Stern‘-Quadrant bringen?
Hier geht es darum, welche Expertise unsere Persona in die Kundenbeziehung einbringt. Das ist besonders relevant, wenn ihr ein kleineres Unternehmen oder Soloselbstständige seid: Kunden und Kundinnen können in vielen Fällen gleichzeitig Kooperations-Partner:innen im Geschäftsleben sein.
Schaut euch also nach den Personas im Fokus konkret an, welches fachliche Know-how eurer Kundschaft ihr als Autor:innen für eure Newsletter, Fachblogs oder gar Kundenmagazine anfragen könnt. Gewinnt sie als Referent:innen für eigene Events, interne Barcamps, Fachtagungen. Oder ladet sie als Podcast- oder Webinar-Gäste ein.
Dafür ist das Sternchen: Es soll euch daran erinnern, dass in eurer Kundschaft Fach-Stars sind, die vielleicht selber noch nicht auf die Idee kamen, ihre Kompetenzen an anderer Stelle als in ihrem direkten Umfeld aufscheinen zu lassen.

Wie nutzt ihr Personas?
Schreibt es gerne in den Kommentaren.
Vertiefungs-Ideen für Personas
- Alan Cooper: The Long Road to Inventing Design Personas
- UX Booth Artikel zu Personas https://www.uxbooth.com/search/persona
Illustration: DoSchu / DoSchu.Com mit canva.com