Anregend wie medizinische Beipackzettel verbreiten einige Akteure „geschliffene“ Botschaften aus PR oder Marketing in sozialen Netzwerken. Wie entsteht geeigneter Content, der zu Unternehmen und Zielgruppe passt? “Eine Content-Strategie hilft, relevante und anspechende Inhalte zu entwickeln”, rät Doris Eichmeier.
Mit der Content-Strategin Doris Eichmeier sprach ich über 5 Aspekte die aufzeigen, wie wichtig und unterstützend das Thema „Content“ im Zusammenspiel mit dem unternehmerischen Engagement im Social Web ist. Gemeinsam organisieren wir übrigens im Social Media Club München Veranstaltungen zu aktuellen Themen aus dem Social Media-Umfeld.
:1: Doris, Content-Strategie ist für viele Kommunikatoren in Unternehmen ein neues Wort. Was gewinnen PR- und MarCom-Abteilungen damit?
Doris Eichmeier: Sie gewinnen routiniertere Abläufe in der Erstellung und Verbreitung ihrer Inhalte sowie, wenn es gut läuft, besseren Content. Es geht nicht zwingend um das Schaffen neuer Inhalte, sondern vielmehr um eine optimierte Organisation und Abstimmung von Prozessen. Denn mittlerweile haben Kommunikationsabteilungen der Unternehmen dermaßen viele Kanäle zu füllen, dass es schwer fällt, den Überblick zu behalten.
„Erfolgreiche Unternehmen gewichten Kommunikations- und Content-Strukturen zu gleichen Teilen und entwickeln eine Content-Kommunikations-Struktur.“
Doris Eichmeier
:2: Worin besteht denn der Unterschied zwischen einer Kommunikationsstrategie und einer Content-Strategie? Das klingt recht ähnlich.
Doris Eichmeier: Das ist genau der Punkt: Die beiden gehören zusammen wie Geschwister! Nur war die Content-Strategie bisher das vernachlässigte Kind, während die Kommunikationsstrategie der Superstar war – munter wurden Facebook-Seiten eröffnet, Blogs, Twitterkanäle, Flickr-Accounts und so weiter und so fort.
Und wer bemühte sich parallel dazu, mit einer ähnlichen Hingabe, um das dazu nötige Content-Management, um Agenda Setting, um spannendes Storytelling und um Konzepte, mit denen User Generated Content eingebunden werden kann? Das geschah meist “nebenher”. Bis vor kurzem war es noch üblich, Content als irrelevanten Kostenfaktor herunterzuspielen, nach dem Motto „Da setzen wir einen Praktikanten ran“. Schön, dass die Zeiten vorbei sind!
Erfolgreiche Unternehmen gewichten Kommunikations- und Content-Strukturen zu gleichen Teilen und entwickeln eine „Content-Kommunikations-Strategie“. Dies kann eine Disziplin für Kommunikationsdienstleister werden, etwa von Social-Media-Beratern – schlicht, weil eine Trennung von Kommunikation und Content unsinnig ist. Damit sie das leisten können, brauchen sie mehr als die Denkweise einer Werbeagentur, sie brauchen journalistisches und redaktionelles Know-how.
Kurzportrait Doris Eichmeier
Seit 1998 ist Doris Eichmeier als Content-Strategin in München tätig. Sie untersützt Unternehmen, Agenturen und Berater mit journalistischem und redaktionellem Know-how für Content-Produktion, Strategie-Entwicklung oder Redaktionsmanagement. Zuvor war sie als Redakteurin bei den Fachmedien „w&v werben & verkaufen“ und „Kontakter“ sowie beim Bayerischen Fernsehen tätig. Doris Eichmeier ist Mitorganisatorin des Social Media Club München und Referentin der Deutschen Presseakademie (depak).
Doris Eichmeier / Eichmeier.de
:3: Warum ist im Social Web das Thema Content so enorm wichtig?
Doris Eichmeier: Betrachten wir das bisherige Zusammenspiel von Kommunikation und Content als eine Spedition, deren Infrastruktur wunderbar funktioniert und die Unmengen an Kisten in alle Welt verschickt. Keinen interessiert es so recht, was genau in den Kisten steckt, ob die Inhalte gut sind oder zum Zielort passen. Hauptsache die Transportleistung ist top.
Das Social Web macht die „Schwachstelle Content“ deutlich, weil der Dialog regelmäßig und schnell Inhalte bieten muss, die aktuell und überraschend sind. Auf Facebook, Twitter, Pinterest etc. gelingt mit PR- und Werbeinhalten keine langfristige Bindung.
„Eine der wichtigsten Aufgaben guter Content-Strategien: weniger Inhalte, dafür treffsichere!“
Doris Eichmeier
Gehen Unternehmen „penibler“ mit ihren Inhalten vor, senken sie ihr Content-Volumen deutlich. Schließlich besteht eine der wichtigsten Aufgaben guter Content-Strategie darin, lieber weniger aber dafür treffsichere Inhalte zu schaffen!
:4: Kannst Du uns ein bisschen mehr verraten: Wie wird eine Content-Strategie entwickelt?
Doris Eichmeier: Keinesfalls sollte ein Unternehmen „ganz von vorne“ anfangen, sondern lieber Schritt für Schritt die vorhandene Kommunikations-Strategie durch Content-Optimierungen vorantreiben. Einer der ersten Schritte ist es, den bisher verwendeten Content-Status-quo festzuhalten, zu bündeln und zu sichten.
Häufig lässt schon die Analyse, welche Inhalte aktuell über welche Kanäle publiziert werden, eine Art Strategie erkennen. Gleichzeitig wird dabei herausgefunden, wer im Haus bislang Content produziert hat. Da kommen zum Teil echte Überraschungen ans Tageslicht!
„Externe Content-Strategen fahnden unvoreingenommen nach potenziellen Inhouse-Autoren und Multiplikatoren.“
Doris Eichmeier
Eine erfolgreiche Content Strategieentwicklung bindet sämtliche Personen von Anfang an ein, die bisher Content produzierten. Andernfalls besteht die Gefahr, dass eine Content-Strategie entsteht, die nicht zu den Besonderheiten des Unternehmens passt oder die von bisherigen Kommunikatoren als Konkurrenz betrachtet wird.
Gerade in der Startphase hilft ein externer Content-Stratege: Er entwickelt mit dem Unternehmen relevante Themen, fahndet unvoreingenommen nach potenziellen Inhouse-Autoren und Multiplikatoren. Im laufenden Betrieb braucht ein Unternehmen einen internen Content-Manager und -Produzenten – das könnte zum Beispiel ein Unternehmensjournalist sein oder ein talentierter Social-Media-Mutliplikator.
:5: Mit welchen Abläufen und Tools kann die Content-Strategie unterstützt werden?
Doris Eichmeier: Besonders wichtig ist der Aufbau eines Content-Netzwerks. Alle Beteiligten finden vom Start weg regelmäßig zu einer Content-Konferenz zusammen, etwa einmal im Monat. Dort kommen alle neuen Themen und Ideen auf den Tisch, Feedbacks und Anregungen aus dem Social Web werden diskutiert.
Das Content-Management ist dem Redaktionsmanagement nicht unähnlich. Mit einer Excel-Tabelle und einem Gruppen-Kalender kommen nur kleine Teams zurecht. Größere Organisationen müssen entscheiden, welche Tools – etwa das CMS und die Projektmanagement-Software – zur Kommunikationsstruktur des Unternehmens passen.
„Es spricht übrigens nichts dagegen, wenn Unternehmen in ihren Arbeitsverträgen festhalten, dass Mitarbeiter an Content-Management, -Produktion und -Distribution beteiligt werden können.“
Doris Eichmeier
Interne Content Manager halten alle Fäden des Netzwerks zusammen und zeichnen sich durch ausgezeichnete Moderator-Fähigkeiten aus, damit sie zwischen einzelnen Abteilungen und Hierarchien vermitteln können. Denn es spricht übrigens nichts dagegen, wenn Unternehmen in ihren Arbeitsverträgen festhalten, dass Mitarbeiter an Content-Management, -Produktion und -Distribution beteiligt werden können. Dafür steht ein teamorientierter Content-Manager dann gerne als geduldiger Coach zur Verfügung.
Liebe Doris, herzlichen Dank für deine 5 interessanten Einblicke und Tipps!
Ich wünsche Dir gute Gespräche auf der Content Marketing Conference (CMC 2012) nächste Woche in Köln.
Illustration: DoSchu.Com / Foto: Carola Riegler
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Super Artikel. Dabei immer das Augenmerk auf den Content als Mittel zur Konversation. Hier gibts auch noch einen Artikel und zwei Infografiken dazu (http://tlc-marketing-blog.com/2012/04/24/content-ist-das-neue-schwarz-content-marketing-2-infografiken/).
Dankeschön und herzlichen Dank für den Hinweis auf die Infografiken!
Vielen Dank für Ihr Feedback!
Super informatives Kurzinterview!
Freue mich schon auf die nächsten :)