
Bist du auch auf der Reise? Auf dem raschen Firmenausflug nach Digitalien merken viele, sie müssen anders lernen, kontinuierlich lernen, dranbleiben. Nur vereinzelt wurde den Teams im Rahmen der Corona-Schutzmaßnahmen unterstützende Seminare wie „Remote Work“ oder „Online Collaboration“ angeboten – erklärt sich ja alles von selbst, oder!? Dabei handelt es sich um komplexe Umgebungen – die sich aktuell aufgrund der neu entstandenen Nachfrage kontinuierlich verändern.
Dieser Beitrag Lerntagebuch :: Lernreise zum Neuen Lernen erschien zuerst im Blog DoSchu.Com.
Wo liegen Wurzeln?
Meine Lernreise begann vor langer Zeit in der digitalen Steinzeit am Ende der 1980er Jahre. Im Nebenfachstudium Informatik an der Mathematischen Fakultät meiner Universität war ich als Frau und Nicht-Mathematikerin sehr auf mich gestellt. In den meisten Fällen mündeten die Versuche von oder mit anderen etwas gemeinsam zu lernen in Flirts. Um als relevanter und wichtiger Know-how-Träger langfristig wirken zu können betrieben viele „Information Hiding“.
In der digitalen Welt des Mailbox-Netzwerks mit einem „neutralen“ Nickname, der auch zu einem Mann passen kann, stillte ich damals meinen Wissensdurst. Hier bekam ich Informationen und Antworten. Und lernte. Durch Ausprobieren mit anderen, aus Fehlern anderer, mit empfohlenen Texten, die von FTP-Servern heruntergeladen wurden. Digitale Steinzeit, ich sagte es eingangs.

Follow your passion.
Viele in meiner Umgebung schüttelten ihren Kopf über meine nächtlichen Ausflüge in die digitale Welt per Telefon und Akustikkoppler (those were the days). Ich versuchte meine Faszination zu erklären, sie verstanden es nicht. Es gab für sie keinen ersichtlichen unmittelbaren Zweck sich mühevoll mit Internet zu beschäftigen. Stimmer, ja: Es brachte mir zunächst nichts unmittelbar für mein Studium. Ich spürte nur, dass es wichtig ist (für mich), das hier etwas entsteht, das alles umwälzen wird (für alle).
Ich war interessiert, und ich hatte große Lust, mehr zu lernen. Diese meine Lernreise nach und durch Digitalien lies vieles entstehen, was damals in keiner Weise absehbar war!
Daraus möchte ich diese 7 Erlebnisse als Beispiele nennen:
- Beim Wechsel des Fokus im Hauptstudium von Ökologie (ich passte nicht ins Schema des Professors) zu Neurophysiologie konnte ich mit einem digitalen Thema punkten und landen.
- Organisationen / Medien / Unternehmen, für die ich arbeitete, machte mit mir einen digitalen Schritt (meist neben meinem eigentlichen Job, just saying) – und manchmal durch sie wiederum andere, so wie die Journalist:innen und Redakteur:innen in den CompuServe Presse-Workshops, die ich in der Presseabteilung des Online-Anbieters entwickelte.
- Viele Menschen verkürzen ihre Lernkurven mit mir – zum Beispiel weil ich als freie Dozentin tätig bin.
- Für eine Agentur konnte ich als Head of Research & Strategy meine Neugier und Erklärkompetenz zum Hauptberuf machen.
- Obwohl die oberste Führungsetage Blogs als „Privatveranstaltung“ einstufte, machte ich meine Erfahrungen mit einem internen Fachblog um daraus gestärkt 2010 mein öffentliches Blog DoSchu.Com zu starten.
- Gemeinsam mit acht weiteren Autor:innen verfassten wir remote das mit Begeisterung aufgenommene Buch „Von Analog zu Digital“.
- Ich konnte im Sommer 2020 die Vision einer virtuellen Erlebniswelt New Work umreissen, die mit in die konkreten Überlegungen der virtuellen Coworking Community cowirk.space eingeganben sind, die Januar 2021 starte.
Worauf will ich damit hinaus?
Das Dogma der letzten Jahrzehnte in punkto (Universitäts-)Bildung lautete: Praxiswissen & mehr Anwendungsfähigkeit. Alles soll einen Sinn und Zweck haben, sonst lern ich es nicht oder braucht mein Kind es nicht zu lernen. Das passt überhaupt nicht zu der bereits in den 1990er Jahren skizzierten Wissensgesellschaft der ‚Zukunft‘ (die übrigens heute so stattfindet, egal wie unvorbereitet die breite Masse darauf ist).
Denn gerade die Neukombination von Wissen und Erfahrungen führt zu Innovation (wie in der Natur: Darwin zeigte das Zufällige in der Evolution gezeigt). Welches Wissen das konkret und genau ist, kann kaum vorhergesagt werden. Selbst wenn es Rufende gab, der Software-Entwicklung gehöre die Zukunft, wollte es keine:r hören, da es noch kaum praktische Anwendungen gab. Das hört sich doch nach einer guten Lösung für die VUCA-Welt an, oder?

Lernen mit Komplizen & Komplizinnen
Für diese zufällige Neukombination von Wissen ist es auch sehr hilfreich, in den Austausch zu gehen. Gemeinsam zu lernen oder zumindest gegenseitige Stützen in der Motivation zu sein. Für mich ist Lifelong Learning wie Atmen. Andere brauchen ab und zu einen Stupser – alleine lernen ist nicht für alles oder für jede:n der beste Weg. Eine so genannte Peer Group hilft. In regelmäßigen Abständen trifft sich die Gruppe und klärt falls es mal nicht so läuft mit dem Lernen.
So suche ich genauso Reisebegleitung für die Lernreise – oder Kompliz:innen, wie es Markus Schönell in einer Videokonferenz einmal benannte. Zur Anregung eine Auswahl meiner thematischen Reisegruppen:
- Im Social Media Club München trafen sich frühe Social Media-Enthusiast:innen für den Austausch zu den aufkeimenden Online-Communities und ihrer Bedeutung für die professionelle Kommunikation.
- In der German Coworking Federation ist meine Reisegruppe auf dem Weg zu New Work mit Interessierten, die anders arbeiten wollen und dazu Orte wie Coworking Spaces ins Leben rufen, damit Menschen an diesen Arbeits- und Lernorten herausfinden, wie sie anders und neu (zusammen)arbeiten können.
- In der CoWorkLand Community vernetzen sich Engagierte, die sich dafür stark machen, ländliche Regionen mit Initiativen wie Coworking Spaces (wieder) zu beleben.
- Im Kosmos der Corporate Learning Community fand ich meine Lerngruppe Von Analog zu Digital um viele Aspekte rund um Meetings, Seminaren oder Workshops im digitalen Raum zu erkunden. Die engagierten Macher:innen von LernOS Leitfäden nicht zu vergessen.
- Im Orga-Team für das Audio-Barcamp experimentiere ich mit anderen, wie sich Eventformate durch Voice-only weiterentwickeln lassen.
- In der virtuellen Community cowirk.space treffe ich auf Menschen, die bereit sind zu experimenieren, zu lernen – von- und miteinander.
New Learning – eigentlich das ’normale‘ Lernen jenseits Verschulung
Ich sehe das Neue Lernen als eine Rückbesinnung auf was Lernen eigentlich sein soll. Wie ich es als Biologin auch kennenlernte: Spielen, Ausprobieren, Experimentieren, Fehler machen, Lernen, Verbessern. Ein Lernen, dass sich an den Menschen orientiert statt starre Pläne, Strukturen, Prozesse, Kennzahlen etc. in den Fokus zu stellen.
Bei Lernenden müssen wir oft das festgefügte Mindset angehen: „Ich habe ausgelernt“, ich bin fertig „ausgebildet“ gepaart mit der Frage „Was soll ich denn noch alles lernen?!“, wenn eine Anforderung dazu kommt, höre ich immer und immer wieder. Zum Beispiel weil die Ausbildung im Sinne von ‚Wissen einpauken‘ und in Prüfungen perfekt wie ein Kassettenrekorder abzuspulen verständlicherweise negativ erlebt wurde. Zum Beispiel weil die Ausbildung in Unternehmen wenig an der Person als an mehr oder weniger gut verstandenen Prozessen für die Tätigkeit orientiert war.
Solche Erlebnisse im jungen Lebensalter prägen Menschen für die Zukunft. Sie prägen ein Mindset, das dem Lernen abweisend gegenübersteht. „Nicht schon wieder!“
Neues Lernen oder Lernen jenseits festgefügter Rahmen ist so anders als diese verschulten Lern-Erfahrungen. Ich habe aus diesen Gründen in meinem Blog doschu.com die Rubrik Lerntagebuch begonnen, um zu zeigen, wie Lernen auch verlaufen kann.
Wie lernst du?
Illustration: DoSchu mit Canva.com