Bei Kaufentscheidungen – sei es B2B oder B2C – sind sowohl das Vertrauen in den Lieferanten/Hersteller als auch das Gefühl, ausreichend informiert zu sein, wichtige Kriterien. 2018 wurde das Vertrauen in Marken stark erschüttert. Hootsuite nennt in den Social Media Trends 2019 als Top 1 „Rebuilding Trust“. Denn 2018 repräsentiere ein Krisenjahr des Vertrauens: „a crisis year for trust on social media.“
Wie kann dieses Vertrauen wieder aufgebaut werden?
(Beitrag mit Aktualisierungen Jan 2019)
„Je transparenter ein Unternehmen ist, desto vertrauenswürdiger ist es“, erklärten 82 Prozent der befragten Studierenden in einer Pilotstudie an der Univeristät Mainz (PDF nicht mehr online; Daten siehe PR-Blogger.de). „Corporate Transparency“ ist die Strategie, die zumindest als Thema (und leider oft in Form von Skandalen) die Chef-Etagen der Unternehmen beschäftigt.
Vertrauen ist gut. Transparenz ist besser.
Die „Glaubwürdigkeit der Geschäftsführer“ sehen Analyst*innen und Journalist*innen aus Deutschland und Österreich in der Studie „Geschäftsführungs- und Vorstandskommunikation“ (Link nicht mehr erreichbar; Nachweis via PR-Report) als wichtigsten Einflussfaktor auf ihre Wahrnehmung eines Unternehmens.
Als Top 3 Kommunikations-Fehler von Firmen empfinden die befragten Multiplikator*innen:
- Widersprüche von Worten und Taten
- Bagatellisierung gravierender Ereignisse
- Arrogantes Auftreten in den Medien
Kritische oder auch negative Meinungsäußerungen können inzwischen durch Social Media-Vernetzung wesentlich mehr Aufmerksamkeit erzielen.
Wer bereits langfristig im Vorfeld einer möglichen Krise das Vertrauen in die eigene Glaubwürdigkeit aufbaut, hat bessere Chancen auch in der Krisen-Kommunikation als glaubwürdig verstanden zu werden.

Wie transparent ist „Corporate Transparency“ zu verstehen?
Selbstverständlich wird es immer Informationen geben, die als „intern“, wettbewerbsentscheidend oder gar als Firmengeheimnis eingestuft werden. Eine absolute Transparenz kann es für ein Unternehmen nicht geben – das ist auch nicht mit „Corporate Transparency“ gemeint. Vielmehr geht es um die Entwicklung einer Strategie zur freiwilligen und kontinuierlichen Veröffentlichung relevanter Informationen. Informationen, die unterstützend auf das Vertrauen zu einer Organisation und ihren Lösungen, Produkten oder Leistungen wirken.
„Im Rahmen ihrer Transparenzstrategie stellen Unternehmen ihren Stakeholdern durch adäquate proaktive Kommunikation möglichst frühzeitig wahre, relevante, verständliche und umfassende Informationen zur Verfügung zu den strategischen Zielen und Kennzahlen, zu laufenden Vorgängen sowie zu Entscheidungen und Entscheidungsprozessen. Diese sollen die jeweiligen Stakeholder befähigen, im Rahmen ihrer Beziehungen zum Unternehmen, fundierte Entscheidungen zu treffen.“
Dr. Volker Klenk „Erfolgsfaktor Transparenz“ / scribd.com (aktualisiert 01.2019)
Im Rahmen seines Impulsvortrags auf dem Social Media Club München sagte Dr. Volker Klenk: „Jede Firma muss für sich entscheiden, was sie transparent machen will.“ (Nachlese siehe Social Media Club München „Corporate Transparency“)
Aber komplett unter Ausschluss der Öffentlichkeit kann heute niemand mehr aktiv sein: Journalist*innen, Mitarbeiter*innen, Kundschaft, Zulieferernde und nicht zu vergessen Nichtregierungsorganisation (NGOs) stellen Unternehmen unter Beobachtung. Und nutzen neue wirksame Kommunikations-Kanäle, mit denen sie gehörigen Druck auf eine Firma und ihr Management erzeugen können. Mit Blick auf bekannte „Transparenz-Opfer“ in Konzern-Geschäftsführungen formuliert Klenk: „Transparenz kostet Geld, Intransparenz jedoch auch…“.
Belegschaft & Social Media: Einbinden statt verbieten
Neben dem strategischen Umgang mit Corporate Transparency findet Kommunikation infolge des Erfolgs von Social Networks auch in den zahlreichen privaten Statments der Firmenmitarbeiter*innen statt. Durch Angabe ihres Arbeitgebers in ihren Social Media-Profilen beeinflussen ihr Verhalten und ihre Darstellungen bei den mit ihnen vernetzten Kontakten unabsichtlich deren Bild über ein Unternehmen.
Selbst wenn eine Firma Social Media-Plattformen nicht aktiv nutzt: Durch die Belegschaft sind sie quasi schon dabei.
„Unternehmern sollte bewußt sein, dass insbesondere durch Social Media und modernen mobilen Endgeräten, jeder Mitarbeiter eines Unternehmens ein PR Mitarbeiter/Kommunikator ist.“
„Alles verbieten? Das hält sicher niemanden ab…“, sagte Inés Gutiérrez (Corporate Publishing / MAN SE) letzte Woche Montag in ihrem Vortrag beim Social Media Club München.
Wichtiger ist, die Belegschaft als Kommunikations-Partner einzubinden, sie durch Social Media Guidelines für bestimmte Themen zu sensibilisieren und zu unterstützen. Dazu diskutiert bei MAN SE der Arbeitskreis eCommunications eine Social Media-Strategie, die sich zur Messe „IAA Nutzfahrzeuge 2010“ mit Dialogangeboten auf Facebook: MAN Trucker’s World, Twitter: @MAN_Group und Blog MAN IAA 2010 sowie per iPhone-App MAN IAA 2010 auswirkt.

Social Media als Transparenz-Treiber
Transparenz wird durch den Erfolg von Social Media-Angeboten den unternehmerischen Alltag künftig noch wesentlich stärker beeinflussen. Augen schließen und hoffen, das Thema gehe vorbei, ist keine vernünftige Strategie.
„Heute müssen Unternehmen aktiver und transparenter kommunizieren, um ihr Zielpublikum zu erreichen. Die Zielgruppen der Unternehmen konsumieren heute weniger traditionelle Medien und bewegen sich stattdessen im Internet. Dort pflegen sie ihre persönlichen Netzwerke und setzen sich en passant auch mit Marken auseinander. … Die Folge: Unternehmen müssen sich mit Social Media auseinandersetzen und auf diesen Plattformen eine neue Art des Dialogs erlernen.“
Insbesondere in Start-Ups hat das Management diese Erkenntnis operativ umgesetzt und ermuntert Kolleg*innen zur aktiven Kommunikation in Blogs, Foren, Wikis, Sozialen Netzwerken oder Communities. Das Team sorgt so als Markenbotschafter*innen ihres Unternehmens für mehr Sichtbarkeit der fachlichen Kompetenz und Reputation in der Öffentlichkeit.
In einigen Fällen ohne Social Media Guidelines, da sie von jungen Unternehmen gerne als Regelwerk von Verboten interpretiert werden. Das birgt Risiken, etwa wenn Finanzanalyst*innen „private“ Äusserungen der Belegschaft für ihre Unternehmens-Einschätzung verwerten. Oder überfordert Mitarbeiter*innen, wenn sie Schwierigkeiten bei der Formulierung unmissverständlicher Aussagen haben oder gar mit negativem Feedback konfrontiert werden.
Social Media Guidelines sollen zur Orientierung und Unterstützung der Kommunikatoren dienen; sie bilden die jeweilige Unternehmenskultur, die Wertvorstellungen und das Selbstverständnis eines Unternehmens („Corporate Identity“) ab. So verstanden geben sie den Einzelnen im Unternehmen:
- Sicherheit in der Kommunikation
- Hilfestellung und Tipps für den Umgang mit Kritik
- Klares Leitbild, wie sich die Firma und ihre Belegschaft öffentlich präsentieren
- Verständliche Hinweise auf gesetzliche Vorgaben (v.a. Datenschutz, Verschwiegenheitspflichten, Wettbewerbsrecht)
- Kontaktangebote zur Unterstützung in kritischen Situationen
„Wir verstehen unsere Social Media Guidelines als Leitplanke, die unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dazu ermutigen soll, im Social Web als Markenbotschafter aktiv zu werden. Gleichzeitig sollen sie mögliche Unsicherheiten in Bezug auf kulturelle oder juristische Aspekte dieses Engagements ausräumen. Im Grunde zeigen die Guidelines Regeln des Umgangs auf, die allgemein als Common Sense gelten.“
Meike Leopold / Cirquent GmbH in „BITKOM Leitfaden Social Media Guidelines“
Wer schreibt, der bleibt…
…sagt ein Sprichwort. Aber ist es beispielsweise allen Mitarbeiter*innn in die Wiege gelegt, gute Blog-Artikel zu verfassen?
Daher empfehle ich Unternehmen, großzügig im Rahmen der beruflichen Weiterbildung Schreib-Workshops und Kommunikations-Trainings anzubieten. Social Media-Workshops zu veranstalten. Es ist wichtig, das Wissen aktuell zu halten, da sich die Plattformen im Social Web wesentlich schneller verändern als wir es von eMail oder Websites gewohnt sind.
Von diesem Enablement-Ansatz profitiert im übrigen jegliche Kommunikation im geschäftlichen Umfeld – auch die schriftliche Korrespondenz. Langfristig bewirken trainierte „Schreibmuskeln“ dann auch spannender eingeleitete Blog-Beiträge oder anregende Post im Social Web, die Interessent*innen zum „Klick“ bewegen!
Viel Erfolg dabei!
Empfehlungen zur Vertiefung: Corporate Transparency
Guter Einstieg nebst vielen praktischen Hinweisen und Check-Listen zur Umsetzung der eigenen Transparenz-Strategie per Social Media:
Klaus Eck „Transparent und glaubwürdig. Das optimale Online Reputation Management für Unternehmen“ (Buchankündigung im PR-Blogger.de; Buch stellt auch heute 2019 noch eine gute Grundlage dar!)
BITKOM-Arbeitskreis Social Media hat ausführliche Anregungen zu Guidelines im Leitfaden-PDF zusammengestellt:
Bitkom „Social Media Guidelines – Tipps für Unternehmen“
Beiträge verschiedener Autor*innen liefern Einblicke in theoretische Betrachtungen sowie Praxisbeispiele:
„Corporate Transparency – Wie Unternehmen im Glashaus-Zeitalter Wettbewerbsvorteile erzielen“ (Rezension auf /icommedia.wordpress.com)
Blogbeiträge mit Interviews und Erfahrungsberichten (Serie “Tranparenz-Interviews”) im PR-Blogger:
PR-Blogger.de Stichwort Transparenz
Empfehlungen zur Vertiefung: Social Media Guidlines
Bei der Entwicklung der eigenen Social Media Guidlines unterstützen die Checklisten, Empfehlungen und Anregungen zu begleitenden Maßnahmen von Jochen Mai:
Social Media Guidelines: Strategien & Checklisten auf karrierebibel.de
Wie machen es andere? Christian Buggisch stellt in diesem Blogbeitrag zahlreiche Beispiele für Social Media Guidelines aus den unterschiedlichesten Branchen im deutschsprachigen Raum vor:
Social Media Guidelines auf buggisch.wordpress.com
B2B und Social Media? Selbst ein Unternehmen wie die DATEV hat Social Media Guidelines, und stellt diese auch sehr griffig in einer Kurzfassung zur Verfügung:
Social Media Guidelines bei datev.de
Agentur und Social Media Guidelines? Michael Kausch stellt die Hinweise ans Team zur Nutzung von Social Media im Blog vor:
vibrio gibt sich neue Social Media Guidelines vibrio.eu
Je nach Unternehmen kann das Vertrautmachen der Belegschaft mit den Social Media Guidelines auch ein unterhaltsames Video sein – das zeigt hier das Unternehmen Tchibo:
Herr Bohne geht ins Netz (Youtube-Video)
Haben Sie weitere Tipps zu Literatur / Websites mit praktischer Hilfestellung zum Thema Corporate Transparency? Bitte als Kommentar hinterlassen!
Doris Schuppe • Dieser Beitrag Warum Corporate Transparency wichtig ist erschien zuerst im Blog DoSchu.Com
Illustration: DoSchu / DoSchu.Com
Hallo Doris, danke für den guten Post und die Erwähnung des Bitkom-Leitfadens. Grüße, Meike