Interview mit Florian Unger / creativerights
In Social Media-Schulungen stets ein wichtiges Thema: Bildrechte. Wer hier sorglos agiert stellt erst mit der Lizenzforderung fest, dass ein nur vermeintlich freies Bild in die Kommunikation gerutscht ist. Jetzt gibt es Unterstützung: sowohl für Unternehmen als auch professionelle Fotograf/inn/en, deren Werke ohne Anfrage publiziert werden.
Durch Coworking treffe ich Menschen mit den verschiedensten beruflichen Aktivitäten. Kürzlich sass mir Florian Unger im Coworking Space auf Mallorca gegenüber. Für sein Startup musste er als Gründer trotz Ferien rasch konzentriert arbeiten können. „War entspannt bei euch, und ich konnte viel abarbeiten,“ so sein erfreuliches Fazit. Besonders interessiert wurde ich, als Florian von seiner Firma erzählte.
Denn Florian Unger ist Gründer des Startups creativerights, und er hat sich den Schutz von Urheberrechten zum Ziel gesetzt. Mit seiner Firma holt er für Fotograf/inn/en entgangene Urheberrechts- und Lizenzzahlungen zurück. In seiner beruflichen Tätigkeit war er zuvor in verschiedenen Positionen rund ums digitale Marketing aktiv. So arbeitete er für Firmen wie BBDO, Bertelsmann und Babbel.com, in denen Florian die Erfahrungen und das Know-how für die Neugründung seines Unternehmens erwarb.
Hallo Florian, kannst Du meinen Bloglesern kurz erzählen was Dein Startup creativerights genau anbietet?
Florian: Ja gerne, los geht’s: Wir recherchieren und dokumentieren für professionelle Fotografen und kümmern uns um die Durchsetzung ihrer Urheber- bzw. Lizenzrechte. In einfach: Wir finden unerlaubte Nutzungen von Fotos im Web und holen den Urhebern ihr Geld von den Übeltätern.
Wichtig ist dabei: Die Übeltäter sind keine Privatperson, die mal eben Bud Spencer auf ihrem Facebook- oder Twitter-Account posten. Unsere Übeltäter sind Verlage, Online-Händler, erfolgreiche Unternehmen und Konzerne. Aus Deutschland, Europa und der ganzen Welt. Sie alle wissen, dass sie Unrecht tun, verlassen sich aber darauf, schon nicht erwischt zu werden. Damit ist mit creativerights Schluss: wir suchen kostenfrei für unsere Kunden nach widerrechtlichen Nutzungen ihrer Fotos und wandeln diese in bares Geld um. Dabei ist wichtig: wir einigen uns fast immer außergerichtlich mit den Nutzern.
Wie bist Du bzw. seid ihr beiden Gründer auf die Idee zu CreativeRights gekommen – fotografierst Du selber gerne?
Florian: Oh ja, ich fotografiere gerne, aber schlecht. Umso mehr habe ich einen großen Respekt vor der professionellen Fotografie und dem nicht leichten Unterfangen, heutzutage vom Fotografieren zu leben.
Es begann so: Ein gemeinsamer Freund und Berufsfotograf fragte uns, ob wir seine Bilder auf Diebstahl überprüfen können, da er vermute, dass sie illegal genutzt werden. Mein Partner Moritz ist spezialisiert auf Monitoring und Analyse und gemeinsam analysierten wir die Anfrage. Das Ergebnis hat uns umgehauen: Auf der ganzen Welt wurden die Fotos unseres Freundes ohne Nachfrage oder gültige Lizenz verwendet. Wir haben tausende Treffer recherchiert und dokumentiert.
Wenn man an dieser Stelle kurz bedenkt, dass ein Fotograf sich genau davon ernährt – nämlich vom Verkauf seiner Werke – dann wird klar: Diese ‚Mitnehm-Kultur‘ hat erstens eine enorme Dynamik entwickelt, und zweitens werden die Fotografen finanziell betrogen. Vor allem dann, wenn reihenweise Unternehmen systematisch Fotos für die Nutzungsdauer von einem Jahr kaufen, sie aber bewusst viele Jahre nutzen, ohne beim Fotograf nachzufragen oder dafür zu bezahlen.
Für unseren Freund haben wir alle Diebstähle aufgelistet, mit Informationen angereichert und mit einer renommierten Kanzlei abgearbeitet. Das Ergebnis war für alle Beteiligten äußerst erfreulich, so dass Moritz und ich nun zwei Dinge verbinden: Wir unterstützen Fotografen bei dem undurchsichtigen Thema Urheberrecht und Lizenzen. Und wir bauen dabei ein kleines aber feines Unternehmen auf, was Gutes tut, das Fotografen den Rücken freihält.
Mit der Fotografie begann übrigens etwas, was sich inzwischen im Textbereich und auch bei Bewegtbildern weiter fortsetzt: Das Eigentum bzw. Urheberrecht wird immer weniger anerkannt. Obwohl einen moderne Mediengesellschaft das Gegenteil tun sollte: ihre qualitativ hochwertigen Inhalte schützen und die Urheber fördern.
Reiht ihr euch mit eurem Service in die Reihen der gefürchteten Abmahner ein, die auch nicht vor Privatpersonen oder Bloggern haltmachen?
Florian: Um Missverständnissen vorzubeugen: Wir haben nix gegen ‚copy&paste‘ von privaten Menschen wie Du und ich – das tut keinem weh und ist praktisch. Wir haben etwas gegen Unternehmen, die Fotografen deren Leistung nicht vergüten. Wir mussten bislang keinen einzigen Fall vor dem Gericht klären und schließen Privatpersonen, Kirchen und gemeinnützige Verbände und Vereine als Gegner aus Prinzip aus. Auch private Blogger sind nicht im Fadenkreuz unserer Analysen, denn zum Beispiel bei Mode-Fotografen sind die Blogger enorm wichtig für die Verbreitung ihres Bildes. creativerights fokussiert auf mittelständische Unternehmen bis hin zu Konzernen – nicht auf Privatpersonen oder Blogger.
Das ist doch sicher dann so ein Abo-Modell ähnlich der Dienste rund ums Social Media-Monitoring, oder?
Florian: Viel besser: Unsere Dienstleistung ist kostenfrei und ohne Risiko für unsere Fotografen. Unser Ansatz: Wir sind die Profis in dem Bereich und übernehmen deshalb Risiko und Aufwand komplett. Nach Bearbeitung des Falls erhält der Fotograf eine Schadensersatzzahlung auf sein Konto, davon nehmen wir eine Provision. Transparenter geht’s nicht, meinen wir.
Können sich auch Fotografen aus dem schweizerischen oder österreichischen Raum an euch wenden?
Florian: Ja, wir arbeiten mit Fotografen aus viele Ländern erfolgreich zusammen, denn das Urheberrecht gilt weltweit. Leider halten sich viele Länder bzw. deren Justiz nicht an die Regeln, wie beispielsweise in China, Russland oder Ungarn. Aber wenn das irgendjemand in diesen Ländern durchsetzen wird, dann wir.
Und creativerights kann alle Bildquellen im Internet durchsuchen, um nach den Fotos der Fotografen Ausschau zu halten?
Florian: Wir setzen verschiedene Suchtechnologien ein. Wir finden viel – jedoch nicht alles; dafür ist das Web zu groß und differenziert. Interessant ist, dass unsere Systeme nach und nach weitere, tiefer recherchierte Ergebnisse liefert, also weitere geklaute Nutzungen von uns gefunden werden. Verschiedene Foto-Typen benötigen verschiedene Tools, um sie zu finden. Das Thema facebook ist äußerst spannend: offiziell verbietet der Konzern der Welt, seine API auszuwerten.
Könntest Du Dir vorstellen euren Service auch Unternehmen anzubieten, die prüfen möchten ob alle Lizenzrechte der von ihnen vom Dienstleister bereitgestellten Bilder beachtet sind?
Florian: Ja, wir arbeiten mit Unternehmen in diesem Bereich zusammen. Das Management einiger Firmen merkt, wie wichtig das Thema ist und erst recht in Zukunft wird.
Lieber Florian, danke für diese Einblicke und alles Gute für euer Startup!
Doris Schuppe • Dieser Beitrag Schöne Bilder sind kein ‚Freiwild‘ erschien zuerst im Blog DoSchu.Com
Fotos: DoSchu / DoSchu.Com; Portraitfoto: Florian Unger / creativerights.de
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1 thought on “Schöne Bilder sind kein ‚Freiwild‘”
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