Als „Sendung mit der Maus für Erwachsene“ bezeichnet Stefan Huber gerne das Angebot seiner Video Agentur infotainweb. So genannte Erklärvideos machen komplexe Themen anschaulich und verständlich – von Unternehmen zunehmend nachgefragt für interne Kommunikation, Support oder Marketing/PR. Denn besonders im Social Web erfreuen sich erklärende Filme großer Beliebtheit.
Integriert in soziale Plattformen wie Facebook oder Google+ ist es für Nutzer ein Leichtes, Video-Inhalte zu empfehlen und zu kommentieren. Unternehmen erweitern ihr Inhaltsangebot mit Videos jedoch noch eher zögernd: In den vergangenen Jahren war Bewegtbild-Content ein teures Format, nicht zuletzt wegen hoher Kosten zur Bereitstellung der Online-Videos. Heute übernehmen Plattformen wie Vimeo oder YouTube mehr oder weniger kostenfrei die Bereitstellung zum Online-Abruf, genannt Streaming.
Grund genug mit Stefan Huber nach dem 1. Social Video Stammtisch in München über Nutzen, Kosten und Perspektiven rund um Videos im Social Web-Umfeld zu sprechen.
Erklärvideo History der how2 AG • youtube.com/watch?v=d-nxFHYsxN0
:1: Herr Huber, lange Zeit hat die Unternehmens-Kommunikation einen Bogen um Video-Inhalte gemacht, da neben der Produktion auch die Verbreitung sehr kostenintensiv waren. Video-Plattformen wie YouTube haben einen Kostenbaustein reduziert – wie sieht es mit den Poduktionsbudgets aus?
Stefan Huber: Die Bandbreite ist groß, reicht von 1.000 Euro für ein Branchenbuchvideo bis hin zu sechs- oder siebenstelligen Beträgen für erfolgreiche virale Spots und Werbespots. Die Produktionstechnik ist klar günstiger geworden und liefert trotzdem Top-Qualität: Mittlerweile liefert jede Consumer-Kamera ein messerscharfes HD-Bild und Schnittprogramme sind auch erschwinglich. Zudem entstehen täglich neue Produktionsfirmen, sei es in Form eines Videojournalisten bis hin zu innovativen Online-Video-Produktionsfirmen.
Für die Kunden ist es häufig verwirrend, die Begrifflichkeiten für ein und dasselbe Angebot sind häufig ganz andere, die Qualität zu vergleichen ist im Vorfeld nicht einfach. Daher sollten man bei der Auswahl des Produzenten in Form eines Briefings klare Kriterien definieren: Zielsetzung, Zielgruppe, Länge, Qualitätsanforderungen und sich auch beraten lassen.
:2: Welche Videoformate sind Ihrer Erfahrung nach im Social Media-Umfeld am erfolgreichsten? Können Sie das auch für das B2B-Segement einschätzen?
Stefan Huber: Es gibt die Top-Beispiele, die in kurzer Zeit millionenfach geklickt wurden: der „Red Button“ (youtube.com/watch?v=316AzLYfAzw) von TNT, die „Roller Babies“ (youtube.com/results?search_query=evian+roller+babies+)“ von Evian oder „Tippex shoot the bear“ (youtube.com/watch?v=4ba1BqJ4S2M) sind nur drei von einigen erfolgreichen Beispielen.
Hier reden wir aber von Budgets für Kreation, Produktion und Verbreitung, die sich viele mittelständische Unternehmen nie leisten können. Für eine solche virale Kampagne kann man schon mal 500.000 – 1.000.000 Euro ausgeben, und das ohne Garantie für Erfolg. Bei viralen Kampagnen spielt das Media-Budget zum Anschieben eine sehr wichtige Rolle.
Inzwischen gewinnt Facebook als Videoplattform enorm an Bedeutung: im März 2012 zählte comScore über 9 Millionen Unique Viewers in Deutschland. Damit war Facebook in Deutschland im März die viertgrößte Videoplattform! YouTube ist weiterhin die Nummer eins und bildet einen wichtigen Bestandteil in der Video-Strategie für B2B-Unternehmen. Hier kann vor allem ein Ziel erreicht werden: Die Sichtbarkeit auf Google verbessern. Das Video sollte parallel aber auch auf allen anderen relevanten Plattformen eingestellt werden, um die Reichweite zu erhöhen.
Einige Unternehmen wie die Krones AG haben erfolgreich einen YouTube-Channel als Kanal für Corporate-TV aufgebaut. Aktuell wurden die Videos mehr als 600.000 mal geklickt, was für einen Hersteller von Flaschenabfüllanlagen beachtlich ist. Auf dem YouTube-Kanal ist ein bunter Mix aus PR-Videos, Image-Videos, Produkt-Videos und auch Recruiting-Videos zu sehen. Marken werden immer mehr zu Medien.
Kurzportrait Stefan Huber
Stefan Huber ist CEO und Gründer der infotainweb AG in München. Huber machte 2005 den Abschluss als TV-Journalist an der Bayerischen Akademie für Fernsehen (BAF) und volontierte anschließend bei der Privatfernsehgruppe ProSiebenSat.1. 2007 gründete er zusammen mit Max Jörg die Firma infotainweb AG. Die Münchner produzieren mit einem Netzwerk von über 400 Videoproduzenten Online-Videos für Bundesministerien und Unternehmen wie ADAC, Amazon, ebay, Microsoft oder Süddeutsche Zeitung. Stefan Huber ist auch als Dozent und Referent zum Thema WebTV tätig.
Stefan Huber / infotainweb AG /@infotainweb/ youtube.com/user/infotainwebAG
:3: Wie können Unternehmen Partnern aber auch Fans ermöglichen, Video-Inhalte zu personalisieren um diese als eigenen Content zu verbreiten? Gibt es da gute Beispiele?
Stefan Huber: Technisch gibt es heute vielfältige Möglichkeiten, Videos zu personalisieren. So können von den Usern Fotos hochgeladen werden und damit wird der User Teil einer Geschichte. Damit steigen sicherlich auch die Chancen, dass das Video über Social Media weitergeleitet wird. Wir reden ja auch von Tausenden von Videos, die so entstehen.
Oder man kann über interaktive Facebook-Apps die User aktivieren, „Regisseur“ zu spielen und ein Video zusammen zu bauen. Ergänzend Wettbewerbe lancieren und so beispielsweise Fans auf Facebook gewinnen. Bei „Tippex shoot the bear“ kann sich jeder User seinen eigenen Erzählstrang bauen, in dem er aktiv ein Wort eingibt: Das entsprechende Video wird dann auf YouTube abgespielt.
Im B2B produzieren wir häufig für Kunden und deren Vertriebspartner Videos, die dann für die Partner angepasst werden. Ein Logo ist schnell ausgetauscht, wenn die Story des Videos für die jeweiligen Unternehmen passt und von diesen abgesegnet wurde. Beispielsweise produzieren wir gerade ein How-to-Video für eine Bank und deren Kreditkartenpartner, Jeweils angepasst mit deren Logo.
:4: Ein Video ist kein Textdokument und kann nicht von Suchmaschinen „verstanden“ werden. Haben Sie Tipps, wie Videos SEO-tauglich verbreitet werden?
Stefan Huber: Der Begriff Video-SEO gewinnt an Bedeutung. Verschiedene Studien belegen auch, dass Videos auf Google mit größerer Wahrscheinlichkeit auf Seite 1 landen als Texte. Hier gilt es einiges zu beachten. Die Keywords müssen richtig platziert werden: Im Titel, in der Beschreibung und in den Schlagworten.
Zudem sollte das Video erst auf der eigenen Homepage laufen, bevor es auf anderen Kanälen verbreitet wird. Es schadet nicht, wenn das Video auf sehr vielen Plattformen platziert wird, hier gibt es beispielsweise Angebote wie clipviral oder videocounter, die das erleichtern. Videos können also im Suchmaschinenmarketing eine wichtige Rolle einnehmen und werden auch klar an Bedeutung gewinnen.
:5: Welche Perspektiven eröffnen Google+ Hangouts für die Bewegtbild-Kommunikation?
Stefan Huber: Google+ Hangouts eröffnen der Unternehmens-Kommunikation ganz neue Möglichkeiten. Barack Obama oder Michael Dell nutzen das Tool ja bereits sehr intensiv um mit den Usern zu kommunizieren. Das können auch Blogger oder anderen Opinion-Leader sein. Beispielsweise können Unternehmen so auf aktuelle Ereignisse eingehen oder auch neue Produkte lancieren. Warum soll so keine Pressekonferenz über die Bühne gehen, wo die Journalisten im Bild zugeschaltet sind? Das Video ist dann natürlich live zu sehen und später als Video on Demand auf allen relevanten Plattformen.
Eine sehr spannende Entwicklung ist schon jetzt festzustellen. Bild Online nutzt Google+ Hangouts bereits während der Euro 2012. Fußballstars sprechen in Echtzeit mit Usern über die deutsche Nationalmannschaft: Stammtischgespräche live für alle.
Herzlichen Dank für das Interview mit vielen Anregungen und Tipps!
Illustrationen: DoSchu / DoSchu.Com sowie Screenshot von comscore.com (Klick auf Illustrationen zeigt Bild vergrößert an)
Weitere Interviews der Serie:
„5 Antworten :: Social Media & …“ – Interview Serie im Blog