Eine neue Arbeitsform erobert die Arbeitswelt: Coworking. Der Begriff und die Idee greifen weiter als Arbeiten oder Zusammenarbeiten. „Coworking“ steht über Arbeiten hinaus für Vernetzung, Kooperation, Empfehlung, Teilen von Wissen und Erfahrungen. Charakterzüge, die wir genauso dem „Social Web“ zuschreiben. Gründerin des ersten Münchner Coworking Space Dr. Sina Brübach-Schlickum kennt und nutzt die Parallelen für ihr innovatives Angebot.
Schon oft sprach ich mit Sina Brübach-Schlickum an der Kaffeemaschine (wichtig!) des Combinat 56 über Coworking. Jetzt haben wir ein Gespräch über Social Media & Coworking als Interview festgehalten.
:1: Sina, hängen Coworking und Social Media zusammen, oder sind es nur zwei Phänomene, die zufällig zum gleichen Zeitpunkt bekannter wurden?
Sina: Sie bedingen sich in erster Linie sicher nicht gegenseitig, liegen aber beide im Bedürfnis begründet, sich mit anderen Menschen zu vernetzen. In der Social Media-Welt erfolgt das virtuell und in der Welt des Coworkings real face-to-face.
Coworking ist quasi Social Media im realen Berufsleben: selbständige Coworker zum Beispiel mieten sich einen Schreibtisch auf Zeit und gewinnen so Kollegen, mit denen sie sich vernetzen und austauschen können. Veränderung ist eine weitere Komponente des Social Web. Auch dieser Faktor macht sich im Coworking Space positiv bemerkbar: Neben der ‚Stammkundschaft‘ freue ich mich, dass es immer wieder neue Gesichter gibt.
:2: Für die Kommunikation rund um den Coworking Space hast Du Dich ja mit Social Media intensiv auseinander gesetzt. Welche Kanäle nutzt Du für welche Informationen und Zwecke?
Sina: Ergänzend zur Website Combinat56.de unterhalte ich eine Facebook Seite und Xing-Gruppe. Twitter setze ich zum Weiterempfehlen von Links und zur Vernetzung mit anderen Coworking-Interessierten in Deutschland und Europa ein.
Für die Bekanntmachung unserer vielen Events im Combinat 56 nutze ich die Möglichkeit, Veranstaltungen auf Facebook oder Xing vorzustellen. Auf die Event-Seiten kann ich in der Kommunikation verlinken, andere Nutzer der Netzwerke können es teilen und aktiv weitere Gäste einladen – perfekt!
Die vielen Angebote wie sportliche Aktivitäten, Vernissage und Finissage zu Kunst an den Wänden des Combinat 56 oder den monatlichen fix & freitag sind auf der einen Seite Angebote für die Netzwerkpflege der Coworker. Andererseits habe ich damit regelmäßig neue Themen für die Social Media-Kommunikation, die zum Coworking Space passen, ohne gleichzeitig Coworking oder den Space in den Mittelpunkt zu stellen.
Besonders rege ist der Austausch auf Facebook: Hier werden Fotos, Themen und News veröffentlicht und diskutiert. Es gibt viel Feedback, zu dem im Arbeitsalltag nicht immer Raum ist. Denn hier kann jeder lesen und reagieren, wenn er oder sie Zeit hat.
Kurzportrait Dr. Sina Brübach-Schlickum
Dr. Sina Brübach-Schlickum, Combinat 56 GmbH :: facebook.com/combinat
Seit 2007 bietet die promovierte Sozialwissenschaftlerin Sina Brübach-Schlickum als Markt- und Meinungsforscherin eigens gehostete Online-Umfragen und statistische Auswertungen mit ihrem Unternehmen DatenLage. Das Arbeiten aus dem Home-Office war die dreifache Mutter und ehemalige Leistungssportlerin rasch leid – und erkannte früh den Trend des Coworkings. Im Mai 2010 startete Sina Brübach-Schlickum den ersten Münchner Coworking Space Combinat 56 in Westschwabing. Bereits ein Jahr später konnte sie vergrößern und eine weitere Fläche in Betrieb nehmen.
:3: Hat Dein Social Media-Engagement Dein berufliches Leben verändert? Bist Du zufrieden mit Deinem Return on Investment?
Sina: Es hat mein Leben verändert – nicht nur mein berufliches. Ich finde es toll, ganz nebenbei und zwischendurch interessante Neuigkeiten zu erfahren und daraus das zu filtern und weiterzuleiten, was andere interessieren könnte. Auch wenn man nicht auf einzelne Statusmeldungen oder Posts reagiert, nimmt man es wahr und ist im Bilde.
Der Return on Invest lässt sich hier sicher schwer an Zahlen bemessen, aber man kann deutlich erkennen, bei welchen Themen das Publikum mitgeht und man gleich mehr Reichweite hat :-).
:4: Welche Entwicklungen im Combinat 56 haben Dich positiv überrascht?
Sina: Zunächst habe ich das Combinat 56 als lokales Angebot mit begrenzter Reichweite betrachtet. Inzwischen kommen regelmäßig Menschen aus anderen Ländern wie den USA, Frankreich oder Italien, die kurzzeitig in München beruflich tätig sind. Da wird es ganz schön international im Coworking Space!
Es hat mich auch überrascht, dass Unternehmen das Combinat 56 als Partner sehen. Es gibt Firmen, die ihre Projektgruppe für produktives Offsite-Arbeiten zum Coworking schicken.
Unerwartet und hocherfreut sehe ich, dass meine Leidenschaft und Begeisterung für das Coworking eine überwältigende Unterstützung und enormen Zuspruch erfährt. Ohne die unbeschreiblich netten, offenen und ehrlichen Begegnungen im Combinat 56 wäre dieser Nährboden heute nicht so fruchtbar und real.
:5: Wie siehst Du die Zukunft von Coworking – dazu hast du ja auch auf der Podiumsdiskussion der webgrrls convention net+work gesprochen?
Sina: Es wird in Zukunft immer wichtiger werden, dass sich vor allem Selbständige zusammenschließen und vernetzen statt sich im Home-Office zu isolieren. Verschiedene Branchenanbieter können sich ergänzen und ein Kundenprojekt gemeinsam vorantreiben. Je größer das Netzwerk, umso besser das All-Inklusive-Paket für den Kunden – man hat es immer dabei.
Arbeite wo und wann du willst, lautet die Devise – für diesen flexiblen Ansatz ist ein Coworking Space die ideale Anlaufstelle. Hier können sich Teams besprechen, zusammen arbeiten oder Workshops veranstalten. Nur wenige Selbständige wollen oder können sich langfrisitg mit einem Einzelbüro oder Bürogemeinschafts-Platz binden. Überwiegend wird auf Projektbasis gearbeitet, da kommt schnell die Frage: Warum Fixkosten zahlen für etwas, was ich nicht nutze?
Auch das Thema Ko-Konsum gewinnt an Bedeutung. Car-Sharing, Desk-Sharing, Kleidertauschpartys – es geht um das gemeinsames Ressourcensparen und um das Thema Nachhaltigkeit. Coworking is a lifestyle!
Wahrscheinlich hat in der Zukunft das stattliche Büro als Statussymbol ausgedient wie heute in manchen Bevölkerungsschichten das Auto. Herzlichen Dank für Deine Eindrücke und Erfahrungen!
Coworking zum Kennenlernen: „fix & freitags“
Auch das ist Coworking: Immer wieder freitags stellen Coworker im Combinat 56 ihr Business vor. Und zwar mit kollaborativem Blick: Was tue ich und wie kann das, was ich tue, den anderen zu Gute kommen?
fix & freitgs am 8. Juni 2012 um 10-11 Uhr im Combinat 56:
Die Zukunft ist 1000 Möglichkeiten und prekär
mit Coworker Simon Schnetzer, Gründer der Firma DATAJOCKEY:Social Research & Dialogue
Illustrationen: DoSchu.Com mit Fotos von Katharina Wildemann und Andreas Kopp (Klick auf Illustrationen zeigt Bild vergrößert an); Portraitfoto: Tobias Schumacher
Hinweis: Ich bin Coworkerin im Combinat 56.
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Super Interview. Es lebe das Coworking im Combinat 56. :-)