Das Social Web in einem Buch erklären – das ist schon ein Anachronismus. Erfrischend anders als ein übliches Buchprojekt behandeln die Autoren des Buchs Social Media – Wie Sie mit Twitter, Facebook und Co. Ihren Kunden näher kommen Themen, die ihnen von der späteren Leserschaft vorgeschlagen werden. Dazu baten Thomas Pfeiffer & Bastian Koch im Internet, online Fragen rund um die Social Web-Themengebiet für das inhaltliche Gerüst zu stellen. Dieses Verfahren ist übrigens ein Beispiel für das so genannte Crowdsourcing.
Das Buch ist prall gefüllt mit Tipps und Hinweisen: Die Themenpalette reicht von strategischen Fragen, wissenswerten Zahlen und Fakten, Empfehlungen zu Tools zur Unterstützung des Social Media-Engagements bis hin zu konkreten Hilfestellungen. Und zwar nicht nur zum Microblogging-Dienst Twitter oder zum erfolgreichen Social Network Facebook, sondern auch zum in Deutschland beliebten Business-Netzwerk Xing. Das internationale soziale Netzwerk LinkedIn wird lediglich als Randnotiz erwähnt.
Einen Einstieg in das Spannungsfeld Social Media & Unternehmen liefert die Beantwortung der Fragen 5-11. Hier zeigen die Autoren kurz auf, für welche Organisationseinheiten Social Media einen Beitrag leisten kann. Für die Auswahl passender Dienstleister gibt die Checkliste „10 Punkte, wie man gute Social Media-Berater erkennt“ in Frage #12 Hilfestellung.
Insgesamt bietet das Buch selbst für Profis der Web 2.0-Kommunikation den einen oder anderen interessanten Kniff. Es ist eine gute Sammlung zum Nachschlagen. Etwas dünner wird es rund um Mobile Social Media und recht oberflächlich beim Trendthema Augmented Reality. Das ist sicher vorwiegend dem Zeitraum zuzuschreiben, in dem das Buch vorbereitet wurde. Mobile Anwendungen für das Social Web und die Verknüpfung von Darstellungen der realen Welt mit erweiterten Funktionen haben sich erst im Laufe des letzten Jahres zu brennenden Themen entwickelt.
In der Kürze liegt (nicht immer) die Würze
Die Antworten der Autoren auf die gestellten Fragen sind sehr kurz gehalten. Das empfinde ich einerseits als er sehr angenehm, da der Text rasch auf den Punkt kommt. Langatmig sind die Antworten keinesfalls. Manchmal wünsche ich mir dennoch etwas mehr Erklärung gerade für Leser, die neu ins Social Media-Thema einsteigen: z.B. bei den Fragen 5-10 zu den profitierenden Unternehmensbereichen, bei #23 Social Media Newsroom oder #113 YouTube fürs Unternehmen.
Die Erläuterungen werden in den meisten Fällen mit Screenshots auf der gegenüberliegenden Seite illustriert. Das ist ein ausgezeichnetes Konzept, denn nicht nur sagt ein Bild mehr als tausend Worte, gerade Einsteiger erhalten Eindrücke aus der Social Media-Welt, die sie noch nicht von innen kennengelernt haben. Bei einigen Antworten war ich jedoch sehr enttäuscht, weil die Abbildung viel zu wenig Unterstützung für die Antwort bietet.
Herausforderung visueller Content
Wie motivierend oder passend ist die Darstellung einer mit heruntergerissenen Plakaten verzierten Litfasssäule für „Frage 73 Wie nutze ich Facebook für die externe Unternehmenskommunikation“? Leider stolperte ich bei der Lektüre des Buch oft über die Abbildungen. Bei Frage 23 zeigt die Abbildung nur ein Bruchteil der typischen Elemente eines Social Media Newsrooms und bleibt damit wenig hilfreich.
Eine verzerrende Illustration wurde für die „Frage 87 Wie viele Menschen nutzen in Deutschland Facebook“ gewählt. Der Text spricht von circa 11 Millionen Menschen, in der Abbildung sticht die Zahl 80.900 hervor. Warum? Weil eine Facebook-Selektion für die Werbung als Screenshot gewählt wurde mit den Kriterien männlich, zwischen 25 und 45 Jahre alt, Sport-interessiert und noch nicht mit Twittwoch e.V. verknüpft. Oder bei Frage #80 zur Landing Page auf Facebook: Die abgebildete Wortwolke gibt wenig Einblick, was eine Landing Page ist und wie sie auf Facebook funktioniert.
Anstatt eine Blog-Seite mit integrierten Like-Buttons zu zeigen, müssen die gezeigten Buttons allein die Fantasie anregen, wie diese auf einer Website ausschauen können („Frage 108 Wie nutze ich Facebook Like in meinem Blog?“). Wenig hilfreich der kleine gelbe Klebezettel mit der Aufschrift „BLOG“ zur Veranschaulichung von Widgets innerhalb eines Weblogs (Frage #102) – ob hier ein Platzhalter für das richtige Foto im finalen Layout übrig blieb?
Angenehm: Verlinkungen im Buch, Register und Glossar
Sehr gut hat mir die Verknüpfung der Fragen untereinander gefallen: Ähnlich der Verlinkung im Web wird auf thematisch zur aktuellen Antwort passende Fragen im Buch hingewiesen. Für das rasche Auffinden passender Antworten steht ein praktisches Stichwort-Register bereit, was leider nicht bei jedem Fachbuch Standard ist, wie ich jüngst in den Social Web-Rezensionen zur Weihnachtszeit anmerkte.
Fast schon selbstverständlich ist ein Glossar, das mit sehr kurzen Definitionen Einsteigern hilft, mit den vielen Begriffen im Social Web-Umfeld vertrauter zu werden. Bei der Aktualisierung des Buchs können die Autoren sowohl hinsichtlich des Umfangs der Antworttexte als auch des Informationsgehalts der Abbildungen noch gewinnbringende Verfeinerungen hinzufügen.
Page 99-Test: Bestanden
Jüngst empfahl das Team von LovelyBooks auf Facebook den „Page 99-Test“ des Schriftstellers Ford Madox Ford. Also habe ich entsprechend dieses Tests die Seite 99 aufgeschlagen, denn diese Seite sei ein Prüfstein, ob der Rest des Buches interessant ist.
Im vorliegenden Buch ziert diese Seite zur Frage 47 ein Screenshot, der zeigt, wie mehrere Hashtags in Echtzeit überwacht werden können – die Abbildung passt und lädt ein, mehr dazu zu erfahren. Test bestanden!
Herzliches Dankeschön
Vielen Dank an die Autoren für den Hinweis auf den Social Media Club in „Frage 131 Welche wichtigen Veranstaltungen gibt es zu Social Media in Deutschland“. Im Social Media Club München stellen Referenten aus der unternehmerischen Praxis vor, wie Social Media ihre Business-Kommunikation unterstützt und welche Erfahrungen bei Einführung und dem laufenden Engagement gemacht werden.
Social Media – Wie Sie mit Twitter, Facebook und Co. Ihren Kunden näher kommen
Thomas Pfeiffer & Bastian Koch, Addison-Wesley Dezember 2010
Buchseite bei addison-wesley.de (erhältlich auch als eBook im PDF-Format)
Foto: Doris Schuppe
Hinweis: Als Grundlage für diesen Bericht erhielt ich vom Verlag ein kostenfreies Rezensionsexemplar